USA, Lateinamerika?

Im Süden der USA beträgt der Bevölkerungsanteil der Hispanics  knapp 40%, hier im County sind es 75% - das gilt!

 

Nach diversen Grenzwechseln innerhalb des letzten halben Jahres haben wir das erste Mal etwas Sorgen, dass man uns nicht problemlos ins Land lässt. Es kommt umgekehrt. Der Grenzverkehr zwischen Mexicali (Mexico) und Calexico (USA) besteht ausschließlich aus Mexikanern und US-Amerikanern. Wir müssten uns mit unseren Rädern eigentlich bei der extrem langen Schlange der Grenzgänger zu Fuß einreihen. Das geht nicht. Also schieben wir die Fahrräder an der noch längeren Schlange der Fahrzeuge vorbei, sind ruck zuck ganz vorn und werden gegen alle Erwartungen nicht gleich verhaftet. Fahrradfahrende Europäer sind wohl mal etwas anderes. Wir bekommen unseren eigenen Grenzbeamten der mit uns zu den diversen Schaltern geht, an allen Wartenden vorbei.

 

1. März, als erste Aktion in den USA gönnen wir uns etwas Heimat.

 Wir verbringen einen ganzen Tag in El Centro. Hier befindet sich das Winterübungsgelände der Blue Angels, einer Kunstflugstaffel der Navy, die wir schon bei einer früheren Radtour bewundern konnten. Unsere Strecke führt erst durch riesige, bewässerte Felder und geht dann über in heiße, trockene Wüste. Wir radeln den Highway 86 entlang und biegen dann auf den Highway 78 ab. In Ocotillo Wells lernen wir Steve kennen der uns darüber aufklärt, dass dieses Wochenende eine riesige Offroadveranstaltung stattfindet und 15.000 Menschen erwartet werden. D.h. auch, alle Unterkünfte sind belegt. Steve und seine Frau Roxanne verbringen ihre Wochenenden in einem RV-Park namens Ironwoods und bringen uns in einem Wohnanhänger unter. Abends laden sie uns noch zum Essen im hiesigen Golfklub ein. Bezahlen dürfen wir nichts.

Es geht weiter zum Anza Borrego Desert State Park. Wir verbringen drei Tage auf dem Zeltplatz des Parks. Hier ist ein Rückzuggebiet für Bighornsheep und wir brauchen gar nicht lange zu warten. Eine Gruppe der Dickhornschafe tobt sich an den Felsen direkt oberhalb des Campingplatzes aus. Einer der Wanderwege endet an der Palm Canyon Oase - einer kleinen Palmengruppe mitten in der Wüste. In Oasenumgebung quaken Frösche.

Der hiesige Laden verkauft Biobier der Brauerei Pinkus Müller aus Münster.

Wir fahren über die S22 weiter und haben in Salton City den Tiefpunkt unserer Reise, 69m unter dem Meeresspiegel. In Mecca decken wir uns mit Lebensmitteln für fünf Tage ein und übernachten wild im Box Canyon.

Die Straße zum Joshua Tree National Park führt ausschließlich bergauf und das bei sengender Hitze. Es ist Wochenende und alle Zeltplätze sind belegt. Aber wie das so ist mit den Amerikanern, es wird einem geholfen. In Cottonwood Springs nehmen wir dankend das Angebot von Tracey, Dan, Austin und Ben an, unser Zelt für die kommenden zwei Tage auf ihrem Stellplatz aufzubauen. Auf unserer schönen Wanderung durch die Coloradowüste zur Lost Palms Oasis sehen wir zwar keine Joshua Trees aber unter anderem verschiedene Eidechsen. 

Es geht weiter, erst bergab und dann lange bergauf, alles wieder bei hohen Temperaturen. Wir wechseln in die Mojavewüste und sehen unsere ersten Joshua Trees. Auch hier ist die Landschaft traumhaft, überall liegen riesige Steine herum, allerdings sind auch wieder alle Stellplätze belegt. Am Belle-Campingplatz dürfen wir unser Zelt neben dem von Dave und Bobby aufbauen.

 

 

13. März, nach tagelangem dirtbagging gönnen wir uns in Twentynine Palms ein Motel mit Pool und Waschmaschine.

 

Wir decken uns mit Lebensmitteln für sechs Tage ein und begeben uns dann auf den Weg zum East Mojave National Scenic Preserve.

 

 

 

Die erste Übernachtung ist für Amboy an der ehemaligen Route 66 in Roy´s Motel & Cafe geplant. Die Strecke führt wie immer durch Wüste, die nach den starken Regenfällen im Februar recht grün ist. Aus mitten dieser Wüste ragt ein schwarzer Vulkankegel. Durch das Tal, parallel der Route 66, führt eine gut frequentierte Eisenbahnlinie. Das Motel ist geschlossen und im Cafe gibt es nur noch Getränke und ein paar Knabbersachen. Wir füllen den Wasservorrat auf und zelten wieder wild.

Es ist wieder ziemlich heiß. Die Tagestemperaturen schwanken um 35°C im Schatten und Schatten gibt es nicht. Auch den Kaliforniern ist es zu warm, die Temperaturen liegen hier im März normalerweise 10 Grad niedriger. Wir passieren nach langem Anstieg die Parkgrenze und sausen nach weiterem Bergauffahren 24km nach Kelso hinab. Hier befinden sich das Besucherzentrum und die Rangerstation, aber übernachten kann man  hier nicht. D.h., Wasser tanken und zurück auf die Räder, 12km bergauf und dann noch mal 6km Piste. Es ist dunkel als wir unser Zelt aufbauen. Wir übernachten im Devils Playground an den Kelso Dunes und da wir ausreichend Wasser haben bleiben wir einen ganzen Tag. Vormittags gibt es seltenen Besuch, eine Wüstenschildkröte schaut vorbei. Das Erklimmen der Sanddüne geht nur auf allen Vieren und beim Herunterrennen entstehen Geräusche, als wenn der ganze Hügel einstürzten wollte. Die Amerikaner nennen  diesen Krach "booming".

Gefrühstückt wird nochmal mit Blick auf die Dünen, danach ist Wasser in nur noch zwei Fahrradflaschen. Aufgetankt haben wir etwa 18 Liter Wasser, das reicht bei diesen Temperaturen gerade mal anderthalb Tage. Wir fahren zurück nach Kelso, füllen alle Wasserbehälter auf und nehmen die Straße Richtung Baker. Die ersten 20km gehen bergan. Ab 900m Höhe wachsen wieder Joshua Trees. Dann erreichen wir eine Landschaft in der überall Vulkankegel stehen. In den Büschen sind gewobene Nester in denen Raupen herumklettern, wahrscheinlich Schmetterlingsraupen. Die Flora ist gewaltig, der Sand ist mit kleinen, gelben Blüten übersät. Selbst auf den große Steine wachsen Pflanzen. In Zeltnähe heulen diese Nacht wieder Steppenwölfe. Morgens steht interessantes Licht in den Bergen.

 Am 20. März erreichen wir Baker. Der Ort besteht aus etwa zehn Tankstellen, einem Dutzend Fast-Food-Restaurants, einem Motel und einem Lebensmittelladen. Hier steht auch das höchste Thermometer der Welt. Es wurde zum Gedenken an die höchste, jemals in den USA gemessene Temperatur errichtet - 134 Grad Fahrenheit (56,6°C). Wir buchen uns im Motel für zwei Nächte ein und nutzen das im Überfluss vorhandene Wasser.

Nächstes Ziel sind die warmen Quellen von Tecopa.

Da unsere Nachbarn um 3:42 Uhr ihren Pick-up eine viertel Stunde vorheizen, kommen auch wir sehr früh auf die Räder. Wir fahren erst vorbei an ausgetrockneten Seen, dann wird die Landschaft immer hügeliger, es folgen kleine und große Sanddünen. Um Tecopa wirkt die Landschaft total außerirdisch. Sie besteht aus großen Salzflächen und überall sind Hügel, die aussehen als seien sie aus Sand und Lehm errichtet. Wir übernachten in Petersen´s Tecopa Palms RV Park. Der 84-jährige Besitzer ist leidenschaftlicher Radfahrer, deswegen dürfen wir nichts bezahlen. Zu den Duschen gehört hier auch jeweils ein Becken mit Wasser aus den warmen Quellen. Da es sich heute auf 25°C abgekühlt hat genießen wir auch das warme Bad.

Die heutige Etappe (23.3.) beträgt nur 14km und das mit Rückenwind. Wir fahren wieder durch eine Landschaft aus Salz und Sand und mit warmen Quellen. Ziel ist die Oase Shoshone, ein 31- Einwohner-Nest mit Tankstelle, Laden, Museum, Café, Post, Zeltplatz und Motel. Hier bereiten wir uns auf die morgige Weiterfahrt durch das Death Valley vor.

Wir bleiben einen Tag länger als geplant in Shoshone und machen uns dann auf den Weg zum Death Valley National Park. Als erstes führt die Strecke bis auf etwas über 1.000hm bergan, um dann bis unter Meereshöhe ins Death Valley wieder abzufallen. Wir haben den ganzen Tag Gegenwind. Der verringert zwar unsere Tageskilometer arg, ist bei der Hitze hier aber eher angenehm. Die Berge herum sind schön bunt, das weite Tal besteht aus Sand und Salz. Auch hier erleben wir wieder Seltenes. Es hat geregnet und überall sind kleine Pflanzen mit schönen farbigen Blüten. Die 120km bis Furnace Creek zum nächsten Campingplatz schaffen wir mit dem Gegenwind nicht und wild zelten ist im Park strikt verboten. Wir umgehen die Misere und legen uns, allen Skorpionen, Taranteln, Klapperschlangen und Sidewindern zum Trotz, ohne Zelt zum Schlafen. Es wird mit -73 Höhenmetern das tiefste Camping unserer Reise.

Nach einer windigen und sternenklaren Nacht holen uns morgens Mengen kleiner Fliegen aus dem Schlaf. Wir fahren früh los. In den kleinen Senken sind die Reste der Regenfälle zu sehen. Noch halbwegs im Schatten der Berge erreichen wir Badwater, mit -85,5hm der tiefste Punkt Amerikas.

Auf dem letzten Stück nach Furnace Creek biegen wir noch in den Artist´s Drive ab, einen neun Meilen langen Rundweg mit gigantischer Aussicht auf das Tal und Felsen in allen Farben. Die Straße hat eine Durchschnittssteigung von 10%, und die Hitze ist wieder unerträglich, trotz der Wolken am Himmel. Wir treffen das zweite Mal Lance, der uns einlädt auf seinem Stellplatz unser Zelt unter Bäumen aufzustellen, wir nehmen dankend an. Den Zeltplatz in Furnace Creek erreichen wir mit den letzten Tropfen Wasser in den Flaschen, obwohl unsere Vorräte zwischendurch von netten Amerikanern aufgestockt wurden. Der Wasserverbrauch an den anderthalb Tagen betrug 18 Liter.

Der Zeltplatz liegt in einer grünen Oase in Mitten einer Felswüste. Wir verbringen einen Ruhetag in Furnace Creek. Vormittags fährt Lance uns zum 1.600m hohen Dante´s View, von dem man eine schöne Aussicht über das Death Valley hat.

28. März, wir verlassen lebend das Tal des Todes mit einem Abstecher zum Zabriskie Point. Rückenwind schiebt uns knapp 1.000hm den Berg hinauf. Dann sausen wir nach Death Valley Junction hinab. Der Ort besteht nur noch aus einem Hotel und einem Opernhaus. Wir verbringen die Nacht im Hotel. Aufführungen gibt es leider nur am Wochenende und heute ist Dienstag.

Am nächsten Tag gibt es wieder Gegenwind. Wir verlassen Kalifornien und kommen nach Nevada. In Pahrump kommen wir im Hotel eines Spielkasinos unter. Das Kasino hat einen netten Pool, ein gutes und günstiges Restaurant und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist ein Waschsalon. Alles super. Am nächsten Tag kommt es knüppeldick. Der Wetterbericht kündigt für die nächsten vier Tage starken Wind an, das Hotel und die anderen Unterkünfte im Ort sind ausgebucht, die Straße nach Las Vegas ist für Radfahrer gesperrt, das bedeutet einen Umweg von 80km. Wir fahren los. Nach 40km frischt der angekündigte Wind nicht auf, sondern es rauscht ein Sandsturm an. Wir fahren noch zwei Kilometer, aber der Sturm wirft uns immer wieder von der Straße. Dagegen anschieben ist auch nicht möglich. Nach einer Stunde reduziert sich der Sturm und dann verändert sich noch die Windrichtung. Wir haben Rückensturm - und ab geht´s. Kurz vor Indian Springs geht Brittas Hinterrad die Luft aus, es ist mal wieder ein Stück Draht aus den zerfetzten Autoreifen eingedrungen. Dann fängt es an zu regnen, danach zu hageln. In Indian Springs angekommen sind wir nass und so richtig durchgefroren. Es gibt kein Hotel, aber wir dürfen neben der Tankstelle zelten. Am nächsten Morgen, dem 31.3., frühstücken wir bei einstelligen Temperaturen. Mit starkem Rückenwind fahren wir nach Las Vegas. Wir kommen u.a. am Eiffelturm und der Freiheitsstatue vorbei.

Nach mehrmonatigem Radfahren durch einsame Landschaften ist das überfüllte und laute Las Vegas schwer zu ertragen. Bis Mitternacht fliegen kontinuierlich Hubschrauber über die Stadt, Sirenen heulen, Menschen brüllen, ... .

Am 4. April geht es wieder auf die Räder. Nächstes Ziel ist der Red Rock Canyon. Hier verbringen wir drei Nächte auf dem Campingplatz, genießen die Ruhe und fahren den Red Rock Canyon Scenic Drive. Red Rock ist der passende Name für die grellen Felsen am Beginn der Rundfahrt.

Freitag, 7. April, zurück in Las Vegas. Entgegen des ursprünglichen Vorhabens setzen wir unsere Radreise in Europa fort. Montag fliegen wir nach Barcelona. Nach der obligatorischen Stadtbesichtigung geht es ab in die Pyrenäen.