El Calafate sollte der südlichste Punkt unserer Reise sein, aber alle Versuche motorisiert in den sonnigen Norden zu gelangen schlagen fehl. Also entscheiden wir uns das 300km entfernte Puerto Natales (Chile) anzusteuern und ein Schiff nach Puerto Montt zu nehmen.

Die ersten 100km schaffen wir an einem Tag. Über etwa 45km schiebt uns der Wind von hinten durch die karge Landschaft. Dann knickt die Straße ab und der Wind knallt mit voller Stärke in unsere Seite. Nebenbei ist er noch sehr böig, wir haben totale Schräglage und taumeln nur so auf der Fahrbahn herum. Auch die entgegenkommenden Motoradfahrer hängen krampfhaft an ihren Lenkern. Genächtigt wird unter dem Vordach eines Bauhofs, dem einzigen windgeschütztem Platz weit und breit und der Bauhofmitarbeiter bringt uns noch  vier Liter Wasser.

 

Am nächsten Tag verlassen wir die Routa 40 und fahren nun gegen extremen Wind auf einer miserablen Schotterpiste nach Tapi Aike. Der Wind hier im argentinischen Patagonien hat andere Dimensionen als auf chilenischer Seite. Er stürmt den ganzen Tag mit sich minütlich ändernder Intensität. Er rüttelt und schüttelt an den Rädern und an den Nerven. Trotzdem ist der anstrengende Tag sehr abwechslungsreich. Am Wegesrand sehen wir wieder Nandus, Guanakos und ein Stinktier. Am Ende der Schotterpiste ist wieder ein Bauhof und wir dürfen in einem Zimmer eines Bauwohnanhängers übernachten. Beim Bauhof befindet sich auch eine Polizeistation, in der wir duschen und zu Abend essen. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Radfahrer wichtiger sind als Straßenbau und Verkehrskontrollen - schön.

Ab Tapi Aike fahren wir wieder auf Asphalt, auch rüttelt der Wind nicht mehr an einem. Er kommt mit voller Stärke direkt von vorn. Von der Straße aus haben wir den ganzen Vormittag einen super Blick auf die Torres del Paine. Zu Mittag gegessen wird im windgeschützten Straßengraben. Dann wechselt auf einmal die Landschaft, die Hügel sind grün und zum Teil bewaldet. Überall sind große Margaritenflächen . Was auch wechselt ist die Windrichtung, er bläst nun mal von vorne, mal von hinten, mal von der Seite. Eine Böe schmeißt Britta im Stand vom Rad. An einem Bach können wir Wasser nachtanken und wir finden auch eine schöne Möglichkeit zum Campen. Um zum Zeltplatz zu gelangen müssen wir einen kleinen Fluss durchqueren, was an dem warmen, sonnigen Abend eine angenehme Erfrischung darstellt.

Nachts fängt es stark an zu regnen und der Morgen beginnt mit Graupelschauern. Zurück zur Straße geht es natürlich wieder barfuß durch den Fluss. Danach fahren wir uns, komplett in Regensachen eingepackt, erst mal warm. Der Grenzort Rio Turbio entpuppt sich als richtige Stadt. Hier liegen die bedeutendsten Kohlevorkommen von Argentinien. Der sympathisch wirkende Ort erinnert an osteuropäische Städte oder an Ortschaften in der ehemalige DDR, man heizt mit Kohle und so riecht es auch.

Wir verlassen Argentinien, durchlaufen wieder das Einreiseprozedere für Chile und erreichen nachmittags Puerto Natales. Dann geht alles ziemlich schnell. Wir buchen zwei Kojen für die Fährfahrt von Puerto Natales noch Puerto Montt, kaufen Lebensmittel, da die Verpflegung auf den Schiff sehr dürftig sein soll und schiffen um 23 Uhr ein.

Die Schiffspassage dauert drei Tage und führt über 1.000km durch die Inselwelten entlang der chilenischen Küste. Man sieht allerdings nicht oft etwas, da es dauernd regnet und nebelig ist. Die meisten Touristen sind diesbezüglich etwas betrübt, im Gegensatz zu Britta und mir. Wir freuen uns, zumindest an den ersten beiden Tagen, dass wir bei diesem Wetter nicht Rad fahren und zelten müssen. Kurz vor Puerto Montt lassen die Wolken dann doch noch ein paar Sonnenstrahlen durch. Auf dem Schiff machen wir nichts anderes als schlafen, sitzen, essen, sitzen, essen, ... . Und von wegen dürftige Verpflegung, selbst wir verfressenen Radfahrer können nicht so viel essen wie angeboten wird. Am 20. Januar sind wir dann das dritte Mal in Puerto Montt. 

In Puerto Montt bleiben wir fünf Tage, unternehmen einen Tagesausflug nach Puerto Varas und organisieren unsere Weiterreise in den sonnigen Norden, obwohl es in Puerto Montt gerade auch sehr sonnig ist. Der Bilderbuchvulkan Osorno zeigt sich bei diesem Wetter auch noch mal.