20. September, wir husten immer noch vor uns herum. Nach Ferndiagnose unseres Hausarztes, erhalten wir die Anweisung die Höhen zu verlassen und eine Woche am Pazifik zu verbringen. Pazifik ist bei einem Binnenland wie Bolivien etwas schlecht zu realisieren. Als Alternative dürfen wir in die Yungas fahren. Die Yungas sind eine subtropische Region in einer Höhe zwischen 500 und 2000 Metern. Wir entschließen uns nach Coroico zu fahren, der Ort ist 1750m hoch gelegen.

La Paz verlassen wir mit dem Taxi, die 30km lange Hinfahrt durch unsympathische, verwahrloste Vororte hat uns gereicht. Nun beginnt eine etwas längere Abfahrt. Laut GPS starten wir bei 4662 Höhenmetern (hm), der tiefste Punkt hat 1205hm. Vom La Cumbrepass schießen wir auf einer neuen Asphaltstraße etwa 1500 Meter bis Unduavi hinunter.

In Unduavi zweigt von der neuen Asphaltstraße, die ehemalige Straße in die Yungas ab. Sie galt als die gefährlichste Straße der Welt. Die Fahrbahn in der Qualität eines Sauerländer Waldwegs klebt an den Bergflanken und stürzt an den Kanten hunderte von Metern senkrecht in die Tiefe. In den Reiseführen wird dieser Schotterweg als Cuesta de la Muerte, Camino de la Muerte, Death Road, Todesstraße, ... bezeichnet. Mit dem ursprünglichen Fahrzeugverkehr hatten die Bezeichnungen wohl ihre Berechtigung. Jetzt ohne Busse und LKW und in der Trockenzeit ist die Abfahrt bei angemessener Geschwindigkeit nicht sehr gefährlich. Die Abfahrt lässt sich auch als Mountainbike-Tour buchen. Man wird dann mit Integralhelm und Protektoren ausgestattet. Zum Schluss gibt es dann noch ein T-Shirt mit der Aufschrift "I survived the Death Road". Wir haben sie ohne Protektoren und mit schwerem Gepäck überlebt.

Die Strecke ist wirklich spektakulär, sie führt durch fast sämtliche Vegetationszonen, vom Hochgebirge über Nebelwälder bis in die Subtropen. Die Vegetation wird immer grüner und üppiger. Nach wochenlang nur verdorrter Steppe eine Wohltat für Augen und Seele.

Das Ende der Abfahrt in Yolosita erreichen wir am späten Nachmittag. Von hier müssen wir wieder 550hm nach Coroico hinauf. Die Straße ist bis auf wenige lehmige Stellen durchgehend mit bolivianischem Kopfsteinpflaster versehen und weist eine kontinuierliche Steigung von 6% auf. Es ist schon dunkel als wir den Ort erreichen.

Coroico ist ein kleines, nettes, sehr touristisches Örtchen umgeben von Obstplantagen (Bananen, Papaya, Ananas, Apfelsinen, Mandarinen, ...). Obwohl hier auch Kaffee angepflanzt wird, musste ich nach ordentlich aufgebrühtem Filterkaffee erst suchen.

Wie verordnet, machen wir in Coroico gar nichts. Da wir weit von unserer eigentlichen Route abgekommen sind und viel Zeit verloren haben, organisieren wir uns ein Taxi, dass uns 200km über La Paz hinaus nach Oruro bringt. Ferner lassen wir Sucre aus. So holen wir eine Woche von zweieinhalb fehlenden wieder auf. Gesamtzeit haben wir zwar genug, nur schließt sich Ende Oktober das Zeitfenster um Bolivien Richtung Chile zu verlassen. Dann beginnt die Regenzeit und die asphaltlosen Ausfallstraßen sind nicht mehr befahrbar.