10. Oktober, wir gehen unsere Haupttour von Uyuni nach San Pedro de Atacama (Chile) an. Die Strecke ist folgende: Uyuni, Colchani, Isla Incahuasi, Julaca, San Augustin, Villa Alota, Villa Mar, Laguna Colorada, Sol de Manana, Laguna Verde, Laguna Blanca, Hito Cajón, San Pedro. Für die nur knapp 600km lange Strecke haben wir ganze zwei Wochen benötigt. Das größte Hemmnis waren, neben Sand-, Wellblech- und Steinpiste, der sehr starke Gegen- und Seitenwind. Der Gegenwind reduzierte die Geschwindigkeit auf unter 5km/h und der Seitenwind verfing sich ewig im Gepäck und holte uns dauernd vom Rad. Die Landschaft ist aber atemberaubend, das Richtige für horizon people aber nicht zum Radfahren.

Für die 25km von Uyuni nach Colchani benötigen wir trotz Asphalt einen halben Tag. Colchani ist ein trostloses Nest. Wir übernachten in einem Hotel, bei dem als Baumaterial Salzblöcke verwendet wurden. Auch die Betten sind aus Salz modelliert. Die zum Essen anwesenden Reisegruppen hinterlassen uns sogar drei halbe Apfelkuchen.

Am kommenden Tag fahren wir den ganzen Tag bei moderatem Gegenwind auf dem Salar de Uyuni bis zur Isla Incahuasi. Es ist ein interessantes Radeln, man fährt und fährt aber es verändert sich nichts. Es fehlen sämtliche Dimensionen. Etwas aufpassen muss man trotzdem, hin und wieder sind Wasserlöcher in der Piste oder Fehlstellen, die von Blitzeinschlägen herrühren.

Nach 75km auf Salz erreichen wir die Insel. Wir werden von vielen Expresstouristen empfangen, die in 40 Minuten über die Isla Incahuasi hetzen müssen.  Die Insel besteht aus von Korallen überzogenen Steinen, da hier zu Urzeiten ein riesiges Meer war. Ferner ist das ganze Eiland mit riesigen Kakteen bewachsen. Als Radfahrer dürfen wir auf der Insel übernachten. Am frühen Abend haben wir die Insel für uns allein. Wir erleben einen spektakulären Sonnenuntergang und einen ebenso spektakulären Sonnenaufgang. 

Das Etappenziel des vierten Tags ist Julaca, ein Verkehrsknotenpunkt mit Bahnanschluss. Wir radeln nochmal 40km über den Salzsee, dann an dessen Ufer entlang. Erst lässt es sich gut fahren, später wechselt die Piste in einen Sandkasten und wir geraten in einen heftigen Sandsturm. Zum Schluss sausen wir mit Rückenwind nochmal über den Salar und erreichen Julaca. Der Verkehrsknotenpunkt entpuppt sich als ein verlassenes Nest, kein Restaurant, kein Hostal. Ein netter Ladenbesitzer lässt uns in seinem Haus auf dem Fußboden übernachten.

Am folgenden Tag fahren wir bei schönem Wetter durch einsame Weite und Stille. Es geht durch nette Täler mit interessanten Felsformationen. Nach über 2000km haben wir unseren ersten Platten, ein Stück Draht hat sich durch den Reifen mit Prädikat antiplatt und durch die zusätzliche Kevlareinlage gebohrt. Auch San Augustin hat noch keine Unterkunft, aber es wird gerade eine gebaut. In einem der Räume ist der Estrich schon fast getrocknet. Da wir unsere Betten dabei haben, sind wir die ersten Gäste.

Nach einem Frühstück bestehend aus Keksen, Schokoriegeln, Dosenpfirsichen und Cola geht es erst einmal 14km bergauf, um dann wieder in ein schönes  Tal mit Felsen an der einen Seite und viel Grün an der anderen Seite hinunterzuschießen. Am frühen Nachmittag erreichen wir Alota. Der Ort hat zwar kein Restaurant, aber mehrere Unterkünfte und das Allerwichtigste: an einem Lebensmittel-LKW können wir Lebensmittel wie Haferflocken für die sogenannte Lagunenroute kaufen.

Auch der siebte Tag verläuft noch relativ angenehm. Nach einem Anstieg von 400hm geht es über ein Hochplateau nach Villa Mar. Die Piste hat zwar längere Sandpassagen, aber Villa Mar erreichen wir schon nach 53km anstatt der erwarteten 70km. Am Weg picken Nandus im Gras herum, die Vögel sehen aus wie kleine Strauße. Sie erreichen eine Höhe von etwa 1,4m.

In Villa Mar ruhen wir uns einen Tag aus, um dann in die Lagunenroute einzusteigen. Die Route verläuft etwas anders als unser gewählter Weg. Sie gilt als eine der anstrengendsten Strecken für Zweiradfahrer - Fahrräder und Motorräder -  Lateinamerikas. Es war ein Traum von Britta die Lagunenroute zu bewältigen. Unsere abweichende Streckenführung bezeichnen wir als Lagunenroute light. Wir fahren zwar mehr Kilometer und machen mehr Höhenmeter, aber wir müssen nur für sechs statt zehn Tage Lebensmittel mit uns führen. Die Anstrengung beginnt sofort, wir fahren und schieben unsere Räder gegen massiven Wind eine steinige, steile Piste hoch. Nach einer Ganztagesetappe von etwas über 20km, nächtigen wir auf knapp 4600hm.

Das Zeltabbauen gestaltet sich etwas schwierig, da der Wind morgens schon gut bläst. Aber es ist Rückenwind! Wir radeln zum Teil über eine Salzpiste durch bizarre Felsen, dann geht es an einem kleinen Salzsee entlang und wir erreichen den Nationalpark Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Avaroa. Ab hier ändern sich die Windverhältnisse. Erst wirft uns starker Seitenwind ewig aus der Piste, danach kommt er von vorn. Erschöpft erreichen wir die erste Lagune, die Laguna Colorada. Wir zelten windgeschützt in einem verlassenen Tierpferch.

Die Nacht ist extrem kalt, die 2-Liter-Wasserflaschen sind morgens komplett gefroren. Wir haben bisher über unsere viel zu warmen Daunenschlafsäcke geflucht, jetzt sind wir froh sie zu haben. Neben unserem Lager ist ein Bachlauf, so dass wir Wasser nachtanken können. Die Strecke an der Lagune besteht fast nur aus Kies, der See ist klar und nicht rot, aber überall sind rosa Flecken: Flamingos. Noch ist die Wasseroberfläche so glatt, dass sich die umliegenden Berge darin spiegeln.

Gegen Mittag frischt der Wind wie üblich mit voller Stärke auf, natürlich von vorn. Wir schaffen wieder nur etwas über 20km. Beim Bergaufschieben müssen wir so elendig aussehen, dass uns eine Holländerin, die auf einer Geländewagentour ist, spontan eine Rolle Vollkornkekse schenkt und der Fahrer unsere Wasservorräte ergänzt. Wir schlagen unser Zelt an einem traumhaften Platz oberhalb der Laguna Colorada auf. Es wird der höchste Zeltplatz unserer Tour: 4702hm. Von hier oben wirkt der See rot, so wie man es von Bildern der Laguna Colorada kennt.

Der nächste Tag startet wie der vergangene geendet hat, Schieben über miese Piste steil den Berg hinauf, bevor Piste und Steigung einigermaßen fahrbar werden. Dann erreichen wir unser Tagesteiletappenziel Sol de Manana, das höchste Geysirfeld der Welt, und auch den höchsten Punkt unserer Radtour, den Kraterrand, mit 4932hm. Hier wollten wir eigentlich zelten, aber der Wind hat gedreht - Rückenwind. Wir fahren weiter über passable Piste nach Polques am Salar de Chalviri. Dort erwartet uns nach Tagen ohne Dusche eine schön warme Therme. Wir genießen das Openairbaden in vollen Zügen.

Der nächste Tag beginnt sehr angenehm. Wir radeln vorbei am Desierto del Dalí, eine weite Sandfläche auf der riesige Felsbrocken liegen. Dann das Übliche, Gegenwind, Steigung, Radschieben. Die anschließende Abfahrt ist auch sehr nervig, massiver Gegenwind, Kies- und Sandflächen. Kurz vor der hellblauen Laguna Blanca schlagen wir unser Lager in einem verfallenen Haus auf.

Der nächste Tag beginnt gleich mit zwei Überraschungen, die Laguna Blanca ist wirklich weiß und eine meiner Ortliebvorderradtaschen hat das Gerüttel nicht überlebt. Die Tasche wird repariert und es geht weiter zur zwei Kilometer entfernten Laguna Verde, natürlich auf schlechter Piste und gegen den Wind. Die Laguna Verde ist morgens klar und ändert dann die Farbe in grün. Den Wechsel haben wir verpasst, wir erleben den See nur in grün bzw. in türkis. Auf dem Weg zum nahegelegenen Refugio sind wir mal wieder ein beliebtes Fotomotiv , dieses Mal für eine Reisegruppe Italiener. Nach 9km Tagesleistung ziehen wir im Refugio unter. Die letzten Tage waren einfach zu heftig für uns, es geht gar nichts mehr. Hinter unserem Zimmer lagert eine Truppe deutscher, englischer und kanadischer Motorrad- und Geländewagenreisender. Sie entfachen in der holzlosen Gegend und bei dem Wind sogar ein Lagerfeuer.

Etwas erholt und nach einem umfangreichen Frühstück radeln wir nochmal sieben Kilometer über bolivianische Piste zur Grenze. Kurz danach unser erstes, sehr einschneidendes Erlebnis in Chile: fester, glatter Fahrbahnbelag. Nach weiteren sechs Kilometern bergauf erreichen wir auf 4641hm eine richtige Asphaltstraße. Die nächsten 30km geht es bei durchgehend 7% Neigung 2100hm bergab. Der eisige Wind wechselt in eine angenehm warme Brise. Wir sind in der Atacama, der trockensten Wüste der Erde. Nach weiteren 10km erreichen wir San Pedro de Atacama. Wir haben unsere Traumtour, die Strecke Uyuni-San Pedro gemacht.

24. Oktober, ab jetzt wird nach Lust und Laune weitergeradelt.